Ich wachte mit einem guten Gefühl auf, da ich wusste, dass ich mein Bestes geben werde und ich viel geübt hatte. Es war ein Donnerstag-Morgen, am 16.2.23, der Tag des Vorlesewettbewerbs. Er fand in der Aula des Berthold-Brecht-Gymnasiums statt. Bereits in der Früh war ich wirklich nervös. „Ich bin so aufgeregt! Ich darf heute nur nicht mein Buch vergessen!“, erzählte ich meiner Mutter immer wieder. Sie begleitete mich dorthin, da sie sich aufgrund des Wettbewerbs extra freigenommen hatte.
Dort angekommen, war ich zuerst ziemlich perplex. Das Gymnasium war RIESIG! In der Eingangshalle gab es sogar ein Aquarium! Anschließend suchten wir die Aula, fanden sie ziemlich schnell, suchten uns Plätze und ließen uns nieder. Die riesige Bühne und der einzelne Stuhl mit der Lampe darauf, hinterließen einen bedrohlichen Eindruck bei mir. Als ich mich wieder hinsetzte, ging es auch schon los. Anschließend bat eine Frau die erste Teilnehmerin auf die Bühne und das Getuschel verstummte. Mit jeder Minute die ich wartete, und jeder Sekunde die verstrich, wurde ich nervöser und hippeliger. Auf einmal ertönte mein Name und ich wurde auf die Bühne gebeten. Ich wusste, ich musste mein Bestes geben und dass meine ganze Schule auf mich zählte, deshalb versuchte ich ruhig zu bleiben, ging auf die Bühne und begann zu lesen. Meine Knie waren wie Wackelpudding während ich las, doch ich achtete nicht darauf und las weiter. Als ich fertig war, applaudierte das Publikum und ich kehrte zu meinem Platz zurück. „Und?“, fragte ich meine Mutter, „Wie war ich?“ „Das war super! Kein Grund zur Sorge.“, antwortete sie und in dem Moment bemerkte ich, wie anerkennend die anderen mich ansahen. Doch ich musste mir denken: „Freu dich nicht zu früh, Jasmin! Die Konkurrenz ist stark und du weißt noch nicht einmal, ob du weiterkommst.“ Alleine bei dem Gedanken an die Auswahl, wer in die 2. Runde kam und wer nicht, grauste es mir. Als alle anderen Teilnehmer fertig gelesen hatten, verschwand die Jury in einen Raum und die Spannung stieg. Nach 15 Minuten Pause kam die Jury wie aus heiterem Himmel wieder aus dem Zimmer heraus und es wurde schlagartig mucksmäuschenstill. Zunächst redeten die Jury und die Gastgeberinnen miteinander, dann stellten sich die Gastgeberinnen vor die Bühne und verkündeten die ersten Ergebnisse. Ich war nicht fähig, irgendetwas zu sagen. Ich lauschte gespannt den zwei Damen und betete, dass ich weiterkomme. Als ich meinen Namen hörte, hätte ich am liebsten Luftsprünge durch die Aula gemacht! Ich war überglücklich! Es bestand eine große Hoffnung, zu gewinnen. Zuletzt musste jeder der weitergekommen war aus dem Buch „Drachenreiter“ von Cornelia Funke lesen. In der nächsten Runde war deutlich besser zu erkennen, wie stark die anderen Kindern wirklich waren. Ich bekam Panik doch meine Mutter beruhigte mich: „Es wird alles gut. Selbst wenn du nicht gewinnst, musst du dich daran erinnern, wie weit du schon gekommen bist! Versuche einfach mit viel Emotionen und Leidenschaft zu lesen.“ In dem Moment, in dem ich auf die Bühne ging und eine der Frauen mir meine Vorlesestelle zeigte, war ich aufgeregter denn je an diesem Tag! Die Textstelle, die ich las, war langweilig und es gab fast keine wörtliche Rede. Dies war ein gewaltiger Nachteil für mich, doch ich ließ mich davon nicht unterkriegen! Ich packte all meine Emotionen, die ich im Moment hatte, in das Buch und las mit der größten Leidenschaft, die ich hatte. Dabei vergaß ich leider die Lautstärke meiner Stimme hochzudrehen. Nach mir war ein Mädchen dran, die um Welten besser las als ich. Ich wusste, ich war raus, doch meine Hoffnung war zu groß, um zu vergehen. Das letzte was ich mitbekam war, dass die Jury erneut hinter einer Tür verschwand und meine Mutter meine Hand hielt.
Die Jury kam nach 5 Minuten zurück. Das einzige, woran ich mich erinnern konnte, war folgendes: Sie erzählten uns: „Jeder der jetzt vielleicht NICHT gewinnt, muss sich daran erinnern, wie weit er es schon geschafft hat! Ich meine, ihr seid besser als hunderte anderer Kinder und ihr seid bis hierher gekommen! Und darauf könnt ihr Stolz sein. Außerdem war es ein Kopf-an-Kopf rennen und ich bin froh, dass ich diese Entscheidung nicht treffen musste! Nun bitten wir alle Kinder nach vorne, damit ihr euch eure Preise abholen könnt.“ Diese kleine Rede gab mir mehr Kraft und ich ging mit Selbstvertrauen auf die Bühne um mir mein Buch zu holen. Zuletzt kam ein kleiner Junge nach vorne und die Jury gab ihm zwei Bücher. Ich war ziemlich verwundert, doch meine Frage löste sich eine Sekunde später indem die Gastgeberin sprach: „Und du mein lieber Kilian, bekommst heute zwei Bücher, denn du hast heute gewonnen!“ Diese Worte trafen mich wie ein Schlag und ich war traurig und glücklich zugleich, weil ich wusste, dass ich mehr hätte geben können und ich mich für den Jungen freute. Zum Schluss gab es noch ein Gruppenfoto und alle gingen nach Hause, ob sie nun glücklich oder traurig waren.
Jasmin Pötzl (6a)